Praxis-Tipps für FahrerInnen
Natürlich ist mir klar, dass es zur technischen Seite der Savage inzwischen viel bessere und nützlichere Quellen gibt als meine Site. Daher soll dies hier nur ein rein subjektives und weibliches Geplänkel über gesammelte Erfahrungen sein. Aber wer ein Frauenmotorrad fährt, hat halt so seine Fragen...
Was soll ich nur anziehen?
Die wichtigste Frage überhaupt. Zumindest für stilbewusste FahrerInnen.
Nun, das Angebot an Motorradbekleidung ist schlichtweg umwerfend und ziemlich unübersichtlich. Es gibt praktisch für jeden Geschmack etwas anzuziehen. Ob es für jeden Körper etwas anzuziehen gibt, ist eine andere Frage, deren Antwort Du für Dich selbst herausfinden musst. Von Vorteil ist es in jedem Fall, die Model-Gardemaße mitzubringen.
Welche Kleidung ist denn nun die beste? Um Dich für ein Outfit zu entscheiden, musst Du Dir über drei Dinge im klaren sein: 1. Welcher Typ bin ich? 2. Wie hart bin ich im Nehmen? 3. Wieviel darf der Spaß kosten?
Jacke wie Hose
Ok, wir alle fahren Savage - das ist ein Chopper, sagt man. Daher empfiehlt es sich einfach, ein Chopper-Typ zu sein. Heute ist man zum Glück nicht mehr so beengt auf wenige stilistisch passende Kleidungsstücke. Dass ein Kalimba-Ganzkörper-Kondom nicht mal als Sonntagsanzug für uns in Frage kommt, ist hoffentlich jedem von der Mutter mit auf den Weg gegeben worden.
Fangen
wir mal an mit der Farbe
der Kleidung. Es gibt nur eine Farbe, die heißt Schwarz. Was anderes verbietet
sich schon aus rein praktischen Gründen. Trägst Du 'ne andere Farbe, ist
bei Deiner neuen Klamotte in Null Komma nix der Lack ab, weil sie völlig
verdreckt ist. Und zu 90% bekommst Du den Straßendreck auch nicht mehr weg.
Wenn Du zu den Typen gehörst, die auf Farbe stehen und genügend Kohle auf der
Tasche liegen haben (Punkt 3.), bist Du fein raus, denn dann holst Du
Dir eben eine neue Rüstung und siehst wieder geschniegelt aus. Aber übertreibe
es nicht mit Deinem Hang zur Farbenfreude. Eine (Orange als alte Racing-Farbe
ist für die Sportfreunde unter uns völlig OK) oder höchstens zwei
Akzentfarben zum Schwarz sind genug. (Über
Farben wird ab jetzt nicht mehr diskutiert, die bleiben einfach schwarz - vom
Dach bis zur Sohle!)
Die
Frage, ob nun Leder- oder
lieber Textil-Bekleidung
die bessere Wahl ist, kann man so eindeutig nicht beantworten. Bist Du hart
(Punkt 2.) und absolut stilbewusst, kommt für Dich nur eine schwarze Lederkluft
in Frage.
Kaufe Dir lieber eine etwas teurere Uniform, die dafür robust genug
ist, um Dich durch Dein ganzes Bikerleben zu begleiten. Denke auch daran, dass
Du dann in zwei Jahren nicht dazu übergehen solltest, statt halber ganze
Schweine zu essen. Auch eine Radikaldiät solltest Du vorher abgeschlossen
haben.
Hart
musst Du natürlich nur dann sein, wenn Du bei Wind und Wetter unterwegs bist.
Mit Wasser vollgesogene Lederklamotten machen wenig Laune, dafür aber länger. Dein
Immunsystem und Dein Humor sollten in diesem Fall unerschütterlich bleiben. Als
Alternative könntest Du für Regenwetter auch entsprechende Regenkleidung in
Anspruch nehmen. Ich spreche jetzt von wirklich wasserdichten Regenkombis oder -zweiteilern.
Das ist zwar nichts für Ultraharte, aber garantiert was für Dein Wohlbefinden. Du
kannst erst die Regenfahrt und danach sogar noch das Wochenendtreffen richtig genießen
und gesund überstehen.
Für
weniger traditionsbewusste ChopperfahrerInnen, die zudem auch bei Regen und
Kälte unterwegs sind, gibt es jede Menge Textilbekleidung
auf dem Markt. Die bekannteste Gattung besteht aus synthetischen Garnen, einer
Membran, die 100% regendicht sein soll, und Protektoren für Deine empfindlichen
Gelenke. Die Vorteile gegenüber Lederklamotten: sie sind leicht,
ganzjahrestauglich, weil sie ein herausnehmbares Winterfutter haben, im Sommer
relativ luftig und trocknen schnell. Der Nachteil: sie sind auf Dauer garantiert
nicht
wasserdicht und schon mal gar nicht robust. Jedenfalls nicht die preiswerteren
Modelle. Die Klettverschlüsse halten ca. 2-3 Jahre und wo Stoff auf Stoff
reibt, geht selbiger auch schon mal in die Hose. Wie es sich mit finnischem oder
ähnlichem Qualitätstextil verhält, konnte ich bis jetzt noch nicht testen und das hat
mit Punkt 3. zu tun. Du solltest auf jeden Fall nicht dem Irrtum erlegen sein,
dass Du mit Klimamembran keine Regenkombi mehr brauchst. Das ist Quatsch und
spätestens wenn Du mit den harten nassen Ledermäusen um die Wette bibberst,
wirst Du von dem Hinweis überzeugt sein. Falls Du mir alleine nicht glauben
magst, kann ich Dir gern weitere Kontaktadressen zumailen.
Zu
guter letzt gibt es für stilvolle Klassikfans mit Hang zum Textil noch eine Lösung: die alten und
immer noch aufgelegten Wachscottons.
Auch Du hast bestimmt schon mal die Namen Barbour oder Belstaff gehört. Diese
Kleidung hat eher etwas mit Stil als mit praktischen Dingen zu tun. Sie ist
nicht so robust wie Lederkleidung, nicht so atmungsaktiv wie die
Membrantextilien, relativ schwer und pflegeaufwändig, weil man sie mühselig
mit Wachs nachbehandeln muss. Zudem ist sie ziemlich teuer, dafür aber umwerfend
schick und ungewöhnlich - eben tasteful british! Die machen was her. Meine
Belstaff Trialmaster-Jacke habe ich seit Sommer 2003 und bis 2006 hat sie
schlimmste Unwetter nicht auf meine Haut gelassen. Danach musste sie nachgewachst werden.
Mit Wachscotton kannst Du auf Treffen unbesorgt die Nähe von
Lagerfeuern aufsuchen, ohne Angst haben zu müssen, dass ein irregeleitetes
Fünkchen Dein Synthetik-Outfit zerschmort. Allerdings musst Du wissen, dass
sich im Textil ein - na, sagen wir mal - sehr persönlicher und vor allem
unüberriechbarer Duft nach allem Erlebten einnistet. Da riecht es nach Wachs,
duftet nach den Treffen samt Lagerfeuern und müffelt nach Schwitzerei. Mir
stank das Anfang 2007 dermaßen, dass ich tat sehr bewusst, was man keinesfalls
tun sollte: ich steckte die Jacke in die
Waschmaschine und unterzog sie einer Waschlaugen-Dauerbehandlung. Nun sondert
sie etwas dezenteren Wachsgeruch ab und sieht aus, als ob sie eine der ersten
Belstaff-Jacken wäre. Na ja, ich kannte nur die eine Lösung: entweder
Müffelstopp oder Mülltonne!
Falls
Du auch bei Schmuddelwetter oder kühleren und frostigen Temperaturen mit der
Savage Deine Runden drehst, wirst Du Dich nach sommerlichen Graden sehnen. Da
Dir aber kein Kornfeld in der Hand wächst, kannst Du der Natur nur von innen
heraus ein Schnippchen schlagen. Nämlich mit Funktionsunterwäsche.
Das ist eine tolle Erfindung, die Dich prima warm hält. Inzwischen gibt es das
Gedöns schon an jeder Ecke und bei Tchibo oder Aldi. Es kostet zwar ein paar
Teuros mehr als die normale Baumwolle, aber sie macht Dich so glücklich, dass
Du in Zukunft auch beim fiesesten Wetter weiterhin fröhlich grinsend unterwegs
sein wirst. - Ohne Fliegen zu fressen!
Schuhwerk
Die
Fußbekleidung
sollte ebenfalls sorgfältig ausgewählt werden. Wenn Du nicht so auf nasse
Füße stehst, kaufe Dir lieber gleich Stiefel mit einer Membran, dann hast Du
mehr Freude im Regen und kannst Dir auch nach längerer Wegstecke sicher sein,
dass Dir Deine Füße noch gehorchen. Ich habe den geizigen Fehler gemacht mir
und wegen Punkt 3 normale Motorradstiefel angeschafft. Aber auch dafür gibt es
eine Lösung: das Daytona
NässeStopp von Louis. Weil
die Stiefel relativ billig waren, ist der sehr gute Imprägnierschaum relativ
teuer (ca. 10 EUR). Leider kann das Imprägnieren nur als Notlösung gelten, wie
ich bei der Anreise nach Damm 2004 feststellen musste. Nach ca. zwei Stunden im
warmen Dauerlandregen der sanfteren Art waren alle Fasern meiner frisch
imprägnierten Stiefel und Wollsocken mit H2O
gefüllt. Es gibt auch
Regengamaschen
für undichtes Fußwerk, aber die sind fürchterlich lästig beim Anziehen, nie
überm Schuh, wenn es anfängt zu regnen und kleben gern am Krümmer. Außerdem
läufst Du damit wie eine Ente durch die Gegend, weil Du kein richtiges Gefühl
mehr unter den Fußsohlen hast.
Puristen
pfeifen natürlich auf all diese Tipps, denn sie stecken ihre Füße erst in
Socken, danach in
Plastiktüten, dann in Wollsocken,
wieder in Tüten und anschließend in
Springer- oder Armeestiefel. Achte in jedem Fall darauf, dass Du auch mit dicken Socken -
selbstgestrickte Wollsocken
sind einsame Spitze - in Deine Treter schlüpfen kannst.
Bei Spritztouren im
Sommer kannst Du natürlich auch Deine
Lieblingslatschen
anziehen. Falls Deine
Erbanlagen mit zwei X-Chromosomen ausgestattet sind, vermeide allerdings Deine
High Heels
auf dem Mopped. Ich habe mal 'ne Lady gesehen, die auf einem Roller damit zum
Sonntagsausflug starten wollte und gerade mal von der
Bordsteinkante kam. Ob sie
sich was gebrochen hatte, habe ich nicht mehr mitbekommen.
Für winterliche Verhältnisse gibt es meiner Meinung noch nichts gescheites auf dem Motorrad-Markt. Entweder greifst Du auf die oben erwähnten Armeestiefel, die Du ja auch sonst trägst, zurück oder Du investierst eine Menge Kohle in Jagd- oder Wanderstiefel, die für den Winter konzipiert sind. Allerdings kann ich Dir dazu keine Erfahrungswerte weiter geben.
Handwerk
Hast
Du Dir schon einmal überlegt, wie es Dir ohne Hände ginge? OK, dann weißt Du
auch, dass sie von Dir besonders geschützt werden sollten. An kalten Tagen ist
das kein Problem, weil man mit festgefrorenen Fingern sowieso nicht vom Fleck
kommt. Dafür gibt es schöne, dick gefütterte Winterhandschuhe,
die am besten mit einer Membran ausgestattet sein sollten. Denn nasse
Winterhandschuhe in Aktion sind kalte Winterhandschuhe, also quasi keine
Winterhandschuhe. Für arge Frierepitter gibt es leichte Baumwollunterziehhandschuhe,
die man zusätzlich tragen kann. Die Dinger
taugen auch bei
vor-lauter-eiskalten-Händen-nicht-einschlafen-können (was eher die weiblichen
Leser freuen wird). Leicht gefütterte Lederhandschuhe,
natürlich auch mit Membran, taugen was für die kälteren Tage außerhalb der
Eiszeit. Es ist immer
wieder angenehm, wenn bei Regen das Wasser nicht bis auf die Haut durchdringt,
sag ich Dir. Du solltest Dir nämlich darüber im Klaren sein, dass Dir die
Finger selbst bei angenehmen Temperaturen und vor allem bei Nässe schnell
frieren können, wenn Du niedrigen Blutdruck hast, flott unterwegs bist und der Fahrtwind jede handliche
Gemütlichkeit wegpustet. Klettert das Thermometer aber in
schwindelerregende
Höhen und Deine Handschuhe sind schweißgetränkt, wirst Du sie höchstwahrscheinlich
nie wieder anfassen wollen. So weit musst Du es nicht kommen lassen, denn es gibt
inzwischen luftige Sommerhandschuhe
mit netzartigen Textileinsätzen, die den Fahrtwind an Deine dampfenden Greifer
lassen. Dafür auch den Regen. Noch eine Bemerkung zu Punkt 2: bist Du von der
ganz harten Truppe, brauchst Du keine Handschuhe oder höchstens Bauhandschuhe
aus dem Baumarkt. Aber denke dran, manchmal ist es sehr hart, etwas
unwiderruflich hinzunehmen.
Hauptsache
Wichtig
ist sicherlich, was Du im Kopf hast. Beim Motorrad fahren ist der Kopfputz aber
nicht weniger wichtig. Hier kommen Punkt 1 und 2 wieder voll zum Zuge.
Eigentlich kommen für Chopperfahrer nur offene Helme in Frage, weil es auch gut
aussehen soll. Doch schon dabei zeigen sich die unterschiedlichen Geschmäcker.
Ein mit gültiger EG-Norm aufgepolsterter Helm gibt Dir das Gefühl, merkwürdig
auszusehen und das tust Du auch. Aber da kann ich Dich trösten. Du würdest wesentlich merkwürdiger
aussehen, wenn Du Dir ein Brain
Cap aufs Schädeldach
legst. Das ist nur etwas für ganz Coole, Harte oder Biker ohne Spiegel. Die
Auswahl an diskreten Jethelmen
ist so reichhaltig, dass Du auf die Lachnummer verzichten kannst. Sind Deine
Ohren nicht im Helmpolster verkapselt, denke bitte daran, dass Du nicht allein
auf der Straße bist.
Spätestens, wenn sich das erste Insekt ins Innere Deines
Gehörganges vorarbeitet, glaubst Du an den Sinn von Ohrstöpseln.
Außerdem kannst Du damit bei kühlerem Wetter eine Mittelohrentzündung
erfolgreich abwehren. Wenn Du im Winter weiterhin mit Halbschale fährst, bist
Du entweder Inuit oder etwas ist faul mit Dir. Auf jeden Fall kann ich Dir dann
auch nicht mehr helfen.
Je
nachdem wie gut Deine Augen mit dem Fahrtwind klarkommen, wirst Du beim Jethelm
eine Motorradbrille
brauchen. Hast Du bewundernswert tränenfreie Augen, reicht eine
Sonnenbrille
wegen des Stils. Geht es Dir wie mir und Du heulst schon ab 30 km/h, wirst Du
eine dicht schließende Brille brauchen. Eine für graue Tage mit schwarzen
Nächten und evtl. eine für grelle Sonne. Ich fahre im Dunklen seit 1990 mit einer
Climax
herum. Die lässt mich voll dämlich aussehen, ist dafür aber winddicht und kann Insekten und anderes Flugzeugs k.o.
schlagen. Bei wenig Regen
lässt sie mich weiterhin gucken und bei viel Regen
ist es mit ihr wie Blinde-Kuh auf Rädern. Du würdest es auch nicht mehr lustig finden,
wenn die Orientierung flöten geht, aber der Regen von den Wimpern tropft. Seit
einiger Zeit gibt es diese pfiffigen und cool aussehenden Bikersonnenbrillen.
Die sind windschnittig konstruiert und machen Dich tatsächlich cool. Das ist
eine gute Investition in Fahrspaß und für Dein Ego.
Lasse Deine Finger
vom Jethelm mit Visier. Die sehen doof
aus und verwirbeln den Fahrtwind direkt in Deine Nase und Augen. Die können die
Scooter anziehen. Nutzt Du einen Integralhelm,
wirst Du über all die vorher genannten Problemchen lachen, im Sommer womöglich
tierisch
schwitzen, im Winter immer warme Ohren haben und auf der Savage ziemlich blöd aussehen. Finde heraus, mit welchem
Übel Du zu welcher Zeit am besten klarkommen kannst. Hinweis: der Helm ist an
manchen Tagen gerade hart genug.
Restliche Freiheit
Nachdem
nun Körper, Füße, Hände und der Kopf versorgt sind, zeigt sich der Hals noch
ziemlich nackelich. Mach
doch damit, was Du willst, es ist ja Dein Hals. Typ
cooler Biker trägt
nichts, alle anderen werden Zugluft und Insekten etwas Einhalt gebieten wollen.
Zur Moppedhauptsaison reicht ein wönziges Töchlein öm den Hals. Für den
Winter habe ich mir selbst eine sensationelle Neuentdeckung gegönnt, die ich
Dir nicht vorenthalten möchte: eine winddichte Halskrause,
die Du nur über den Kopf ziehen musst und mit der Du sogar bei Frost ohne weitere Tücher
einen warmen, zugfreien Hals behältst. Zugegebenermaßen gibt es diese Dinger
schon länger, aber sie kosten ja auch etwas mehr als ein einfaches Halstuch.
Dennoch kann ich Dir, falls Du im Winter weiterhin auf der Savage sitzt, so eine
Anschaffung wärmstens empfehlen.
Guten Abend.